PIA KRAJEWSKI – Winsor & Newton Stipendiatin im Interview

Nach der erfolgreichen Etablierung des Winsor & Newton-Stipendiums im Jahr 2017/2018 waren erneut ausgewählte Professorinnen und Professoren der Malerei in Deutschland aufgerufen, für zwei Plätze am Künstlerhaus Bethanien in Berlin künstlerische Positionen aus ihren Klassen zu empfehlen. Pia Krajewski (*1990) ist eine der beiden Künstlerinnen, die von der internationalen Jury als Stipendiatin ausgewählt wurde. Am 1. Oktober 2018 trat sie ihre Residenz am Künstlerhaus Bethanien für sechs Monate an.

Im Rahmen des Winsor & Newton-Stipendiums erhält die Künstlerin ein Atelier, einen monatlichen Stipendienbetrag für den Lebensunterhalt sowie kuratorische und maltechnische Begleitung zur Verfügung gestellt. Zudem wird im Frühjahr 2019 eine gemeinsame Ausstellung der beiden ausgewählten Winsor & Newton- Stipendiatinnen gezeigt.

Ausstellung der Stipendiatinnen:
Vernissage: 11. April 2019
Laufzeit: 11. April – 05. Mai 2019
Künstlerhaus Bethanien | Kottbusser Str. 10 | 10999 Berlin


Pia Krajewski studierte ab 2010 an der Kunstakademie Düsseldorf und war zuletzt Meisterschülerin bei Andreas Schulze. Im vergangenen Jahr war sie Mitbegründerin des Düsseldorfer Ausstellungsraumes „sonneundsolche“, in dem seither in regelmäßigen Ausstellungen zeitgenössische Künstlerpositionen vorgestellt werden. Bis zum 31. März 2019 zeigt Krajwski außerdem Werke im Rahmen der Ausstellung “Planet 58. Absolvent_innen der Kunstakademie Düsseldorf 2018” im K21 Ständehaus in Düsseldorf.


Liebe Pia, du hast gerade dein Studium an der Kunstakademie Düsseldorf abgeschlossen. Was nimmst du mit aus deiner Studienzeit? Welchen Stellenwert hat die Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf und welche Schwerpunkte der Lehre haben dich geprägt?

Die Zeit an der Kunstakademie war natürlich sehr intensiv und hat mich stark geprägt. Einer der wichtigsten Faktoren für mich war immer die große Freiheit, die man dort hatte. Fernab von einer äußeren, verschulten Struktur mein eigenes künstlerisches Arbeiten zu entwickeln und herauszufinden welche Impulse und Strukturen ich selber brauche, war unglaublich wertvoll für mich. Den Freiraum zu haben meine eigene Arbeitsweise auszubilden und meinen Atelier-Alltag selbst zu organisieren, mir die Kritiker*innen und Diskurse zu suchen, die mich in meiner künstlerischen Arbeit weiterbringen, war sehr entscheidend. Die Akademie hat damit einen Schutzraum zum auszuprobieren geboten. Gleichzeitig hatte man bei den Rundgängen schon recht früh eine große Öffentlichkeit, der man die künstlerischen Arbeiten präsentierte, was natürlich eine große Chance war, einen aber zu Beginn etwas irritieren konnte. All diese Erfahrungen haben mir eine gute Basis für das Künstlerinnen-Leben nach der Akademie gegeben.

Mit das wichtigste was ich aber aus dieser Zeit mitgenommen habe sind die Kontakte zu vielen tollen Künstler*innen, die Diskurse die wir geführt haben und Projekte die wir gemeinsam gestartet haben und immernoch vorantreiben:

Schon im letzten Jahr des Studiums habe ich gemeinsam mit den Künstlerinnen Antonia Freisburger und Antonia Rodrian den Offraum „sonneundsolche“ in Düsseldorf gegründet, was ein sehr wichtiger Schritt für uns war: Aus den Mauern der Akademie auszutreten und eine Platform zu schaffen für Positionen, die uns wichtig erscheinen und einen Raum für Austausch zu bieten. Nun schon seit zwei Jahren experimentieren wir mit verschiedenen Ausstellungsvarianten, kuratieren und laden regelmäßig Künstler*innen ein um ihre Projekte zu verwirklichen.

Auch hat sich am Ende des Studiums unser Kollektiv „Gruppe Kilo“ gegründet (mit Anna-Lena Meisenberg, Antonia Rodrian, Philip Wiehagen und Jan-Luka Schmitz). Das kollektive Arbeiten fordert unsere einzelnen künstlerischen Positionen nochmal neu heraus. Für mich ist das eine unglaublich wichtige Ergänzung zu meinem individuellen künstlerischen Arbeiten. Es ist ein sehr fließender Prozess, wie unsere Interessen und Diskussionen, unsere Gedanken und der Arbeitsprozess sich innerhalb des Kollektivs gegenseitig ergänzen, manchmal wieder aufheben, weitergeführt werden und etwas für uns Neues entsteht. Quasi ein neues Künstler*innen-Selbst. Wir hatten auch hier die tolle Möglichkeit im Rahmen des W&N Stipendiums Ende Dezember eine Installation in meinem Studio im Bethanien zu verwirklichen.

Du fragtest auch nach dem Stellenwert der Malerei an der Akademie … Die Hochschule hat, im Gegensatz zu vielen anderen, auf jeden Fall einen stärkeren Schwerpunkt auf den klassischen Medien Bildhauerei und Malerei. Somit hat die Malerei ihren festen Platz an der Akademie. Die Gewichtung hängt allerdings stark von den jeweils berufenen Professor*innen ab, auch innerhalb der Klassen ist das Ausdrucksmittel nicht festgelegt. Für mich war es toll neben der Klasse meines Professors Andreas Schulze auch die Klasse von Dietmar Lutz zu besuchen und z.B. Gespräche mit Peter Doig und Yesim Akdeniz zu führen und andere Kolloquien mitzumachen.

Welche Veränderungen spürst du seit dem Ende deiner Studienzeit? Es deutet sich ein stärkerer Hang zur Abstraktion in deinen aktuellen Werken an…

Von der äußeren Struktur hat sich zunächst nicht so viel verändert, da ich schon während der Studienzeit ins eigene Atelier gezogen bin und sowohl der Ausstellungsraum „sonneundsolche“ als auch das Kollektiv „Gruppe Kilo“ damals wie heute einen Teil meines Alltags ausmachen. Daher war es von meinem Umfeld her ein fließender Übergang in den Arbeitsalltag außerhalb der Akademie. Die äußere Struktur hat sich nun natürlich durch den Umzug nach Berlin gewandelt; Besonders durch den Fakt, dass ich mich durch das Stipendium das erste mal in meinem Leben ausschließlich auf den Beruf der Künstlerin konzentrieren kann und keinen Nebenjob brauche. Das ist natürlich eine großartige Umstellung, die sich bestimmt auch auf meine künstlerische Arbeit auswirken wird.

Du sprichst damit aber konkreter auf meine Bildwelt an, die sich zum Ende des Studiums verändert hat … Der Abschluss hat noch einmal eine starke Konzentration und Reduktion in meinen Bildern hervorgebracht. Die früheren Bilder hatten fast narrative Momente in ihren surrealen Szenerien. Es ging allerdings nie um konkrete Geschichten, sondern auch damals schon mehr darum einen entrückten Moment, der etwas neben der Realität steht, darzustellen; Eine bizarre Szenerie, die keinen direkten Sinnzusammenhang erkennen lässt; Eine Poesie des seltsamen Momentes, der die Schönheit der Irritation innewohnt.

In den neueren Bildern sind diese erzählerischen Momente fast gänzlich verschwunden. Stattdessen ist eine gewisse Distanz zur Deutbarkeit entstanden, die ich sehr spannend finde. Wo unser Intellekt noch nicht ganz begriffen hat, oder einfach an seine Grenzen stößt, ein Teil unserer Sinne aber schon etwas wahrhaftiges wahrgenommen hat, etwas das einfach gegeben ist, das sich nicht umdeuten lässt oder erklärt sein muss.

Du bist die dritte Stipendiatin von Winsor & Newton in Deutschland und hast die Möglichkeit ein großes Studio im Künstlerhaus Bethanien und eine große Bandbreite an Farben und Malutensilien zu nutzen. Kannst du nach den ersten Monaten des Stipendiums schon sagen, wie sich diese Parameter auf deine Arbeit auswirken?

Wie vorhin kurz erwähnt, ist ein enormer Part, dass ich durch das Stipendium zur Zeit unabhängig von materiellen Zwängen bin, was eine außerordentliche Befreiung ist. Es ist großartig, dieses wundervolle Atelier im Künstlerhaus Bethanien und die ganzen Materialien nutzen zu können. Das Stipendium ist eine grandiose Grundlage für den Start in die Berufs-Kunstwelt, der ja besonders auch finanziell am Anfang schwierig ist. Denn leider ist es allgemein so, dass in den wenigsten Fällen bei Ausstellungen Honorare für Künstler*innen vorgesehen sind, was absurder Weise für alle anderen Beteiligten selbstverständlich ist. Besonders zu Beginn der Laufbahn ist das eine große Herausforderung.

Somit ist das Stipendium und das Atelier im Künstlerhaus Bethanien in mehrfacher Hinsicht eine besondere Chance. Die Kontakte und der Austausch mit den internationalen Stipendiat*innen im Hause ist extrem bereichernd. Auch habe ich zuvor noch nie ein Atelier ganz für mich alleine gehabt, selbst wenn man im Gruppenatelier mal den ein oder anderen Tag alleine arbeiten konnte. Trotzdem ich meine Atelier-genoss*innen manchmal vermisse, genieße ich es, mich hier im großen Atelier ausbreiten zu können. Es gab bereits vorher die Tendenz großformatige Bilder zu machen, hier kann ich dem Bedürfnis nach weiträumigen Bildern freien Lauf lassen. Ich merke auch, dass ich an den einzelnen Bildern länger arbeite, ich glaube, ich werde konzentrierter und geduldiger mit meinen Bildern.

Empfindest du den Umzug von Düsseldorf nach Berlin als inspirierenden Schritt?

Klar! Die Stadt ist natürlich unglaublich spannend und vielfältig. Ich war vorher schon einige Male in Berlin, aber die Stadt ist so groß und hat so viel zu bieten, so dass ich immer noch erst einen Bruchteil der Stadt erlebt habe. Ich liebe es wie international Berlin ist und dass Diversität hier einfach normal ist, das ist unglaublich entspannend. Gleichzeitig ist Berlin eine so hektische, pulsierende Stadt, in der so viele Dinge gleichzeitig passieren. Die Kunstszene und das kulturelle Angebot sind so vielfältig. Es ist toll hier neue Kontakte zu knüpfen, auch im Hinblick auf unseren Ausstellungsraum. Ich möchte auf jeden Fall auch noch etwas länger in Berlin bleiben nach meinem Stipendium, es gibt noch so viele Ecken dieser Stadt zu entdecken…

 

alle Fotos © Amelie Solar Lozier

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