Im Mai findet die 56. Biennale von Venedig statt und wir werden von dort berichten. Vorab sprachen wir mit dem Kurator des Lateinamerikanischen Pavillons Alfons Hug. Präsentiert wird dieses Jahr eine Klanginstallation, bestehend aus 17 künstlerischen Positionen.
Unter dem Motto „Indigene Stimmen – Voces Indígenas“ werden seltene indigene Sprachen präsentiert, die teilweise vom Aussterben bedroht sind.
Im Pressetext beschreibt der Kurator die Atmosphäre des Pavillons wie folgt: “Beim Betreten des absichtlich karg gehaltenen Pavillons vernimmt der Besucher zunächst ein unbestimmtes, polyphonisches Gemurmel aller Stimmen, einen Klangteppich, der an einen sakralen Raum erinnert; er nähert sich sodann den einzelnen Lautsprechern, aus denen jede einzelne Sprache in klar hörbarer Form dringt. Was zunächst wie eine kollektive Ur-Sprache klingt, entpuppt sich auch in seinen Einzelteilen als faszinierend. Texttafeln geben Inhalt und kulturellen Hintergrund einer jeden Sprache wieder. Es wurden Künstler ausgewählt, die eine Affinität zum indigenen sprachlichen Erbe besitzen. Bei der Auswahl der Sprachen spielen nicht nur die historische und kulturelle Bedeutung der Sprache und ethnischen Gruppe eine Rolle, sondern auch ihr ästhetischer Reiz sowie der Grad ihrer Gefährdung.”
Sie sind auf der anstehenden 56. Venedig Biennale mit einer sehr innovativen Kollektivarbeit von 17 künstlerischen Positionen bereits das dritte Mal Kurator des Lateinamerikanischen Pavillons: Versteht sich Voces Indígenas als dritter Teil einer Trilogie, die mit ‘Between Never and Forever’ und ‘Atlas des Imperiums’ die Trias Zeit – Raum – Klang behandelt? Oder steht eine andere Idee dahinter?
Der lateinamerikanische Pavillon ist in der Tat Teil einer Trilogie, die seit 2011 zentrale Fragen des Kontinents aufgreift, sei es jene nach der Unabhängigkeit der jungen Republiken Anfang des 19.Jahrhunderts, sei es die komplexe Interdependenz zwischen Südamerika und Europa oder diesmal die Frage des indigenen Erbes, die in fast allen Ländern neu diskutiert und nun auch von der zeitgenössischen Kunst bearbeitet wird.
Dazu kommt, dass unser Pavillon auch in exemplarischer Form die Arbeit der Goethe-Institute in Südamerika reflektiert, denn die Ausstellungen in Venedig waren immer auch mithilfe des Goethe-Instituts in wichtigen Städten des Kontinents zu sehen: Rio de Janeiro, Sao Paulo, Buenos Aires, Montevideo, Santiago, Lima, Caracas, La Paz etc.
Insofern gibt es eine strategische Partnerschaft zwischen dem Instituto Italo-Latinoamericano in Rom, das den Pavillon verantwortet, und dem Goethe-Institut.
Welche Beziehung hat Ihr Projekt “Voces Indígenas” zum kuratorischen Thema der 56. Biennale von Okwui Enwezor “All the World’s Futures”?
Enwezor spricht in seinem kuratorischen Statement nicht nur von den politischen und sozialen Umwälzungen, die sich in aller Welt abspielen, sondern auch von der kulturellen Diversität, die es zu berücksichtigen gilt. Das indigene Erbe Lateinamerikas, das sich in nicht weniger als 550 Sprachen manifestiert, passt insofern bestens zum Generalthema der Biennale, das wie immer in Venedig so weit gefasst ist, dass sich eine Fülle von Unterthemen darin wiederfinden kann.
Welche Herausforderungen begegneten Ihnen bei der Konzeption eines rein auditiven Gemeinschaftswerkes von zeitgenössischen Bildenden Künstlern?
Auf künstlerischer Ebene waren die Herausforderungen gering, weil alle eingeladenen Künstler das Thema souverän gemeistert haben. Was uns besonders freut ist, dass es gelungen ist, auch mehrere indigene Künstler gewinnen zu können.
Schwieriger ist diesmal die Ausstellungsgestaltung, da es praktisch keine visuellen Elemente gibt und das Publikum sich ganz auf den Klang der 17 Sprachen einlassen muss. Andererseits ist diese Reduktion auf die Sprache aber insofern reizvoll, als sie eine Ästhetik der Kargheit ins Spiel bringt. Der größte Verbündete ist dabei wie immer unser Raum im Arsenale, das sog. “Isolotto”, das aus dem 17. Jahrhundert stammt und eine ruinenartige Aura besitzt, die der zeitgenössischen Kunst sehr entgegenkommt.
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Fabiano Kueva – Venice Biennale 2015 – Latin America from Universes in Universe on Vimeo.
Mehr Informationen unter: http://universes-in-universe.org/eng/bien/venice_biennale/2015/tour/latin_america
Vielen Dank!