Capitalist Melancholia: ein Psychogramm der Melancholie des 21. Jahrhunderts

In der HALLE 14, welche als nicht-kommerzielles Kunstzentrum einen Schauplatz zeitgenössischer Kunst in Leipzig darstellt, eröffnet im Rahmen des Rundgangs der Spinnerei Galerien am 30. April 2016 die Gruppenausstellung »Capitalist Melancholia«.

Álvaro Martínez Alonso, Javier, 2011
Álvaro Martínez Alonso, Javier, 2011

Die Kuratoren Michael Arzt, François Cusset und Camille de Toledo lassen in dieser thematisch äußerst spannenden Ausstellung zehn künstlerische Positionen und eine Symposiums-Performance die gegenwärtige soziale, ökonomische und technologische Beschleunigung und Erschöpfung beleuchten und fragt nach der Melancholie des 21. Jahrhunderts.

Die Melancholie des 21. Jahrhunderst, so die Kuratoren, ist eine besondere Form der Melancholie. Sie wird begründet durch das aktuelle Ausmaß individueller und kollektiver, ideller, ökologischer und ökonomischer Verausgabung und ist das Resultat der Unfähigkeit, zwischen Wirtschaft und Politik unterscheiden zu können.

David Maisel, Oblivion 7N, 2004-06, Courtesy the artist and Ivorypress Gallery, Madrid/Yancey Richardson Gallery, NY/Haines Gallery, SF/Mark Moore Gallery, LA
David Maisel, Oblivion 7N, 2004-06, Courtesy the artist and Ivorypress Gallery, Madrid/Yancey Richardson Gallery, NY/Haines Gallery, SF/Mark Moore Gallery, LA

Die Beseitigung der öffentlichen Sphäre, die Deregulierung der Märkte und tiefe Einschnitte ins Sozialsystem, gelten seit Jahrzehnten als ökonomische Allheilmittel. Dieser Deregulierung der Märkte entspricht die Deregulierung des Lebens. Eine leerlaufende Ökonomie des Begehrens treibt die Erschöpfung des Lebens und die Vergeudung der Ressourcen voran. Die Ausbeutung der Erde, die Erwärmung der Atmosphäre, die Überbevölkerung und die unübersehbaren Folgen der »Neuen Weltunordnung«wie Hunger, Armut, Flüchtlingswellen, Bürgerkriege, Terror scheinen unaufhaltbar.

CHTO, The battle of past and present, 2016
CHTO, The battle of past and present, 2016

Die Gegenwart hyperventiliert und die Gestaltbarkeit der Zukunft scheint undenkbar. Galt die Melancholie in der Romantik noch als nachdenkliche Schwermut und der schwärmerische Idealismus der Melancholiker noch als göttlicher Wahnsinn der schöpferisch Tätigen, so war sie für Sigmund Freud eine »tiefe schmerzliche Verstimmung«, geprägt durch »eine Aufhebung des Interesses für die Außenwelt« und den »Verlust der Liebesfähigkeit«.

Die Kunstwerke der Ausstellung und die Symposium-Performance »A Government of Times« des Kuratorenkollektivs Le peuple qui manque am 28. Mai 2016 laden zum Innehalten, Neuverorten und Überdenken ein und stellen Fragen nach politischer Fantasie und einer anderen Form der Beschleunigung – einem navigatorisch-experimentellen Prozess der Entdeckung eines universellen Raums von Möglichkeiten.

CAPITALIST MELANCHOLIA
30. April bis 7. August
Eröffnung: Samstag, 30. April, 15 Uhr im Rahmen des Rundgangs der SpinnereiGalerien

Mit: Gregory Barsamian, Stefan Brüggemann, Anetta Mona Chisa & Lucia Tkacova, CHTO, Jeannette Ehlers, Famed, Rumiko Hagiwara, David Maisel, Álvaro Martínez Alonso, Guido van der Werve

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