Schon der Ausstellungsort ist besonders: „Applaus, Applaus“ wird vom 22. April bis zum 8. Mai 2016 in der leer stehenden Filiale eines bekannten tschechischen Automobilherstellers in Kiel-Kronshagen gezeigt. Die Ausstellung entstand in Zusammenarbeit zwischen dem Haus N und der ROCCA Stiftung und beschäftigt sich mit den unterschiedlichsten Darstellungsformen moderner Posen des Begehrens – nach Liebe, Zuspruch, Macht und Erfolg. Wir sprachen mit den Machern der Ausstellung, Joelle & Eric Romba (ROCCA Stiftung) und Gunda und Peter Niemann (Haus N).
Die Ausstellung ist eine Kooperation zwischen der Sammlung Haus N in Kiel und der ROCCA Stiftung Berlin/Dresden. Handelt es sich um zwei private Stiftungen? Wofür stehen sie, welche Ziele verfolgen Sie?
PN: Nun, die Sammlung Haus N ist keine Stiftung – sie ist einfach nur eine Anhäufung von Dingen, die uns den Weltblick erweitern lassen – am liebsten Botschaften aus einer Welt, die wir nicht kennen – und wie so oft mit privaten Sammlungen, ist auch unsere Zusammenballung voller schrecklicher Dinge, bei denen sich Andere fragen, wie kann man dafür Geld ausgeben? Wir haben Spaß dran und genießen es z. B. sehr auf diesem Wege vor gar nicht so langer Zeit Joelle und Eric kennengelernt zu haben. Sammeln als Mehrfachkatalysator, toll, oder?
ROCCA: Die ROCCA Stiftung hat den Zweck zeitgenössische Kunst und Kunstkritik zu unterstützen. Mit der Sammlung Haus N vereint uns die Neugierde, die Abenteuerlust beim Entdecken von Künstlern und ihrem künstlerischen Ansatz. Wenn man so tief eintaucht muss das Gesehene und Gekaufte auch irgendwann einmal an die Öffentlichkeit. Die Kunst ist nicht für unsere Augen, sondern sie möchte mit anderen geteilt werden. Daher machen wir gemeinsam die Ausstellung.
Wie ist das Konzept zur Ausstellung entstanden und was hat es mit dem Titel „Applaus, Applaus“ auf sich?
PN: Zur Entstehung: wie einem eben so Gedanken durch den Kopf gehen. Ich habe eine kleine Sammlung von Ausstellungsideen – meine aktuelle Idee ist: warum bin ich Deutscher? Die Applausidee haben wir zu viert aus den vorhandenen Möglichkeiten ausgewählt, besprochen und ergänzt und plötzlich war es so weit – wir waren fertigt für den großen Auftritt.
Zur Idee: sind wir nicht Alle ein bisschen “Applaus”? Ist nicht sogar das Sammeln in dieser Welt ein bisschen darauf aus, “Applaus” abzustauben? Männer machen nichts ohne Applaus, Frauen sind längst nicht so schlimm. Aber, Applaus sucht jeder, er lässt sogar Pyramiden entstehen oder Weltrekorde purzeln.
ROCCA: Peter sprüht vor Ideen, er kam auf uns zu und wir wurden von seinem Enthusiasmus und seiner Leichtigkeit ergriffen, nach dem Motto – lasst uns einfach gemeinsam loslegen. Dann ging alles sehr schnell. In einer kurzen, intensiven Vorbereitungszeit wurde aus Peters Idee die Ausstellung.
Sie setzen die Sammlungen in Dialog. Bitte nennen Sie uns ein oder zwei konkrete Beispiele, an denen deutlich wird, wie sich die Sammlungen ergänzen.
PN: In der Ausstellung wird es einen kleinen, dunklen Raum geben, in dem Michael Sailstorfers, aus einem amerikanischen Police Car gefertigtes, Drum Kit zusammen mit der, den Doors Song The End morsenden, Partyglühbirnen Kette von Katarina Löfström gezeigt werden. Geht es noch besser? Allein dafür haben wir vier Applaus verdient.
Warum starten Sie in Kiel? Sind weitere Etappen der Ausstellung in Berlin oder Dresden geplant, wo die ROCCA Stiftung ansässig ist?
GN: Es begann alles mit einem kleinen Zufall. Bei einem Spaziergang fanden wir das leere Autohaus, fragten nach, konnten den Verkaufstermin des Hauses etwas hinauszögern und dann mußten wir einfach schnell und unkompliziert sein. Die Applausidee gab es, wir haben sie für uns zurechtgeschnitten, Transporter bestellt, Einladung ausgedacht, Texte gemacht, Bier wird noch gekauft und dann kann die Show starten – wir haben jetzt Lampenfieber.
ROCCA: Wir wollen keine Einzeltäter sein. Als ROCCA Stiftung werden wir im Sommer noch eine Ausstellung in Dresden machen. Wir sind schon gespannt. Und sowohl in der Sammlung Haus N und der ROCCA Stiftung gibt es noch genügend tolle Arbeiten, die man zeigen muss. Wer also einen Raum hat, den wir temporär mal nutzen können, her damit.
Ist dies der Auftakt für weitere Sammlungs-Kooperationen?
GN: Inzwischen kam uns durch die sehr konzentrierte Zusammenarbeit der Gedanke ein Netzwerk kleinerer und mittlerer Sammlungen anzustoßen – Mittlere Zusammenarbeit soll es heißen. Sammlungen treffen sich und machen etwas zusammen – eine Ausstellung, eine Lesung, ein Essen, eine Publikation, ein Straßenfest oder eine Ginverkostung. Hauptsache viele lernen sich kennen, helfen einander, werden Freunde und das am liebsten in kunstfernen Orten, weil in Berlin, gibt’s schon genug.
ROCCA: Wir sind quasi der klassische deutsche Mittelstand. Die deutsche Wirtschaft besteht ja auch nicht nur aus Siemens und Daimler. Genauso bei den Sammlungen. Es gibt viele gute kleinere Sammlungen, die sehenswert sind.
Herzlichen Dank!
Weitere Informationen unter: rocca-stiftung.de und sammlung-haus-n.de
Teilnehmede Künstler: Thorsten Brinkmann, Sleawomir Elster, Gregor Hildebrandt, Ragnar Kjartansson, Katarina Löfström, Henrike Ribbe, Benja Sachau, Michel Sailstorfer, Wang Shugang, Meredith Sparks, Wu Trang, Ignacio Uriarte.
Eröffnung: 22. April 2016 von 19-22 Uhr
Öffnungszeiten: Freitag – Sonntag 14-18 Uhr
Ort: Im leeren Autohaus, Eckernförder Str. 297/ Ecke Kopperpahler Allee, Kiel/Kronshagen