NATURZEICHENZEICHNEN – Eine Ausstellung kuratiert von Janos Frecot

Mit Fritz Brill, Hedwig Bornemann, Arno Schmidt, Rainer König, Amin El Dib, Heidi Specker, Dieter Appelt, Gabriele Kostas, Hanns Zischler, Michael Schmidt, Hans W. Mende, Floris M. Neusüss, Jitka Hanzlová, Loredana Nemes und Nanne Meyer.

Rainer König, Wiesenburg/Mark, Fenster im Sägewerk (Window in a Saw Mill), 2001, Silbergelatinepapier, © Rainer König / Courtesy Collection Regard Berlin
Rainer König, Wiesenburg/Mark, Fenster im Sägewerk (Window in a Saw Mill), 2001, Silbergelatinepapier, © Rainer König / Courtesy Collection Regard Berlin

Auf Einladung der Alfred Ehrhardt Stiftung erhielt der Gast-Kurator Janos Frecot „carte blanche“ für eine Ausstellung zum Thema Natur, die seine besondere Sichtweise der Fotografie widerspiegelt. Die Ausstellung mit dem Titel NATURZEICHENZEICHNEN wurde zur persönlichen Danksagung an viele Künstlerinnen und Künstler, die ihm zu Freunden und Weggefährten geworden sind. So stammen denn auch viele der hier gezeigten Arbeiten aus seiner privaten Sammlung.

Laufzeit der Ausstellung: 4. Juli bis 13. September 2015
Eröffnung: Freitag, 3. Juli 2015 um 19 Uhr
Eröffnungsrede: Janos Frecot

Mit dem Ausstellungstitel spielt Janos Frecot auf zweierlei an: auf Bilder der Natur und auf das Notieren und Ausformulieren ihrer stets wandelbaren Gestalten. Früher verließ man nicht ohne Stift, Zeichenblock und Malzeug das Haus, um sich die Welt anzueignen. Heute verwenden wir dafür die Kamera, gleich ob analog oder digital. Wie früher den Zeichenstift nutzen wir die Kamera zum Vermessen der Welt oder zum Generieren des Bildes, das wir uns von ihr machen. Der Schritt vom Notieren zum Begreifen ihrer fragilen Einmaligkeit lässt sich vereinfacht als Differenz zwischen Abbild und Bild benennen.

Die Fotografinnen und Fotografen der Ausstellung, die aus verschiedenen Zeiten, Regionen, Berufen und Arbeitswelten kommen, zeigen uns ihre Sicht auf die Natur in der Bildsprache, die sie sich als Blick auf Welt, Menschen und Dinge erarbeitet haben. Dabei sind die meisten der ausgestellten Künstler mehr als „nur“ Fotografen: Der Schüler von Johannes Itten Fritz Brill wurde durch profunde Ausbildung als Maler und Grafiker zu dem durch hohe Professionalität geprägten Experimentator in Fotografie und Film, seine Frau Hedwig Bornemann war ihm Mitarbeiterin und feste Hand. Der Schriftsteller Arno Schmidt schuf neben seinen grandiosen, zwischen Lyrik und Groteske gespannten Sprachbildern seiner Prosa Naturfotografien, deren Schönheit von ebenso viel Formwillen wie Empathie zeugt. In den Bildern von Rainer König und Amin El Dib spürt man die Architekten als Welt-Konstrukteure, und einen ähnlichen Impuls sieht man in der Arbeit von Heidi Specker am Werk: ihre Interieurs erscheinen als Grabstätten, in denen Naturzeichen zur Vollendung gekommen sind. Dieter Appelt und Gabriele Kostas waren professionelle Musiker, bevor sie begannen, konzeptionell erarbeitete Bildwelten zu entwerfen. Geht es Appelt hier um die Rhythmisierung der Fläche, so Kostas um die Organisation von Bewegung im Raum durch Zeit. Der vielseitigste von allen – Schauspieler, Schriftsteller, Verleger und Fotograf – ist Hanns Zischler, dessen Lochkamerabilder als Inszenierungen von Licht, Farbe und Zeit erscheinen.

Heidi Specker Via Napione X 2010 , C-Print © VG Bild-Kunst, Bonn, Heidi Specker,  2015
Heidi Specker. Via Napione X 2010 , C-Print © VG Bild-Kunst, Bonn, Heidi Specker, 2015
Floris Michael Neusüss; o.T. 1995; Fotogramm, 30 x 25 cm © Floris Michael Neusüss
Floris Michael Neusüss; o.T. 1995; Fotogramm, 30 x 25 cm © Floris Michael Neusüss

Hinzu kommen Arbeiten von „reinen“ Fotografen wie dem vor einem Jahr verstorbenen Michael Schmidt, einem der bedeutendsten Fotokünstler unserer Zeit, dessen Werk die Feinheit des „Silberstiftes der Fotografie“ im Präzisieren des Klangreichtums der Farbe Grau feiert. Das gilt auch für die schönen und kaum bekannten Bilder von Hans W. Mende aus dessen norddeutscher Heimat, und ebenso für das lichte Birnenfrucht- und Blätter-Fotogramm von Floris M. Neusüss.

Jitka Hanzlová führt mit „Horses“ weiter, was schon an „Forest“ faszinierte: die Bestimmung der Bildgestalt durch raffinierteste Planung des Ausschnitts und delikateste Farbigkeit. In den Blütenbildern von Loredana Nemes geht es weniger um thematisch als vielmehr musikalisch hochgespannte Bildoberflächen, und mit Nanne Meyers Ornithologischen Notizen erweitert sich die Ausstellung in die Welt des fantastischen Weiterzeichnens vorgefundener Materialien.

Jitka Hanzlová; Untitled, from the series "Horses" 2010; archival pigment print, 43 x 29,5 cm © Jitka Hanzlová / Courtesy Kicken Berlin
Jitka Hanzlová; Untitled, from the series “Horses”
2010; archival pigment print, 43 x 29,5 cm © Jitka Hanzlová / Courtesy Kicken Berlin

Fünfzehn künstlerische Temperamente, fünfzehn Verfahrensweisen, sich mit dem Wandel der Erscheinungen der Natur auseinanderzusetzen – ein grenzenlos offenes  Arbeitsfeld!
(Text: Janos Frecot)

Janos Frecot war von 1978 bis 2002 Leiter der Fotografischen Sammlung der Berlinischen Galerie, die auf seine Initiative seit 1980 am heutigen Landesmuseum für moderne Kunst entstand und an der er über zwanzig Jahre sammelnd, ausstellend und publizierend tätig war. Er veröffentlichte über 40 Bücher zu Berlin-Themen und Monographien über Erich Salomon, Martha Astfalck-Viez, Herbert Tobias, Arno Schmidt oder Gisèle Freund. Seine mit einmaligen Rara bestückte Büchersammlung Frecot zum Thema Lebensreform wurde von den Stanford University Libraries erworben. 2013 zeigten seine Ausstellung und Publikation Die Jahre mit der Kamera, dass er auch ein visionärer Fotograf ist, dessen Stadt- und Architekturfotografien aus den Jahren 1964-67 vieles vorwegnimmt, was die folgenden Fotografengenerationen berühmt machte. Die Bilder der Natur haben Frecot ein Leben lang beschäftigt und hinterließen immer wieder Spuren in seiner Arbeit als Ausstellungsmacher.

Feld-Ausschnitt-300dpi--®Gabriele Kostas
Gabriele Kostas; Felder (Ausschnitt) 9-teilige Arbeit 2011; 9 C-Prints, insgesamt 93 x 123 cm © Gabriele Kostas

Begleitende Veranstaltungen:

Sonntag, 26. Juli 2015, 14.00 Uhr: Kuratorenführung mit Janos Frecot durch die Ausstellung „Naturzeichenzeichnen“

Mittwoch, 9. September 2015, 19.00 Uhr: In der Reihe »Literaturhaus der Fotografie«: Der Garten ist ein Freigeist. Kat Menschik präsentiert ihre Graphik Novel Der goldene Grubber. Moderation: Thomas Böhm (radioeins)

Alfred Ehrhardt Stiftung
Auguststr. 75
10117 Berlin
Tel: 030 / 200953-33, Fax -34
info@alfred-ehrhardt-stiftung.de
www.alfred-ehrhardt-stiftung.de

 

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