3 Fragen an … Veronika Kellndorfer

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Deine Werke scheinen stets von Gebäuden, von Architektur geprägt zu sein. Entweder sie stellen diese da, oder funktionieren im Wechselspiel mit dieser. Wie wichtig ist die Architektur für dich als Stilmittel?
Es geht um die Frage nach der Möglichkeit einer Darstellung von Architektur. Mich interessiert nicht die 1:1 Repräsentation – wie sie die Architekturfotografie praktiziert – sondern die Befragung der Möglichkeiten der Bildwerdung von Architektur mit den Mitteln der bildenden Kunst. Was passiert wenn die von mir gemachte Aufnahme der berühmten „Casa de Vidro“, gerastert und als Siebdruck ins Glas gebrannt wird? Was, wenn die Wiederkehr der fotografischen Ansicht von Glasarchitektur im realen Glas erscheint? Wie verbinden sich „Bild“ und „Realraum“ wenn die hellen Stellen des „Bildes“ die Wand des Museums sind, die durch das transparente Glas scheint?

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Veronika Kellndorfer, Net (Sesc Pompeia), Installationsansicht, 2014. Siebdruck auf Glas, 210 x 210 cm © Christopher Grimes Gallery

Du bist in München geboren und hast bereits im Jahr 2012 in der Pinakothek eine Arbeit verwirklicht, nun stellst du wieder dort aus. Wie sehr hat dich München geprägt und was ist das Besondere für dich an der Pinakothek?
Es hat mich natürlich gereizt, zwei Jahre nach dem ich mit „French Window“ bereits eine raumbezogene Glasarbeit für das hohe Fenster am oberen Ende der großen Treppe in der Pinakothek der Moderne in München realisiert habe erneut eine raumbezogene Arbeit, diesmal für die Fensterfront des Architekturmuseums, zu schaffen. Für diese Ausstellung habe ich meine Arbeit mit der Spezifik des Gebäudes als auch mit der sehr politischen Architektur Lina Bo Bardis kurz geschlossen. Die semi-transparente Arbeit „casa de vidro“ ist direkt am Eingangsbereich der Ausstellung, klassisch, vor der Wand angebracht, während die riesigen, 210 x 210 cm großen Scheiben auf die Länge von 20 Metern verteilt sind und in den quadratischen Fenstern des Museumsarchitektur befestigt sind. Die farbigen und hinterleuchteten Siebdrucke auf Glas zeigen die amorphen Formen der als Öffnungen in den Sichtbeton geschnittenen Fenster der SESC Pompeia Fabrik in Sao Paulo. Die  Motive erinnern in ihren außergewöhnlichen Formen an Matisse’s Cut-Outs, oder wie Lina Bo Bardi sagt an Wolken. Die gläsernen Siebdrucke werden Teil des Raums, generieren Architektur in der Architektur, Transparenz und Opazität, ein Spiel mit Gitterstrukturen, die fast wie bei japanischen Shoji-Fenstern, als hölzerne Schiebevorrichtung vor den Öffnungen sitzen zugleich aber auch die Gitterstruktur der Museumsfenster thematisieren.

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Veronika Kellndorfer, Tree House (Casa de Vidro), Installationsansicht 2014. Siebdruck auf Glas, 150 x 236cm © Christopher Grimes Gallery

Deine neuste Arbeit ist nun anlässlich der Ausstellung Lina Bo Bardi 100 zu sehen. Die italienische Architektin verwirklichte vor allem Werke in Südamerika, ein Kontinent den auch du oft besucht hast. Was ist das Besondere an Lina und an Südamerika?
Ein Beispiel ist die Fragilität und Verletzlichkeit der „Casa de Vidro“, Linas eigenes, in den 50er Jahren erbautes, Wohnhaus. Auf dünnen, stelzenartigen Säulen ragt das Gebäude in den mittlerweile dschungelartigen Garten, wie ein gläserner Screen reflektiert die Glasfassade, die sich fast unheimlich ins Bild schiebende Vegetation. Es ist die Bildhaftigkeit von Architektur, die Durchdringung von Architektur und Landschaft, die Veränderungen des Lichts und die dadurch entstehende Bewegung zwischen Innen und Außen, die mich in Brasiliens als Ort der Fortsetzung der Moderne fasziniert. Die Auseinandersetzung mit der Architektur Lina Bo Bardi’s ist für mich die Erweiterung meiner Recherche über Architektur als Mythos, von Mendelsohn über Mies van der Rohe zu Schindler bis hin zu Bruno Taut und der Villa Katsura in Japan.

Veronika Kellndorfer

Öffnungszeiten: Di – So 10 – 18 Uhr Do 10 – 20 UhrPinakothek der Moderne
Barer Straße 40
80333 München

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