Die Fotografie galt lange Zeit und gilt immer noch als dokumentarisches Medium. Mit dem diesjährigen Motto des Monat der Fotografie „Umbrüche und Utopien. Das andere Europa“ scheint genau diese Eigenschaft angesprochen zu werden. Inwiefern war der Bezug zur Dokumentarfotografie und zum „Jetzt“ ausschlaggebend für die Auswahl des Themas?
Das müssten Sie den Kurator des Monats der Fotografie, Frank Wagner, fragen. Aus meiner Sicht ist der Bezug zur Dokumentarfotografie zwingend, weil es Sinn macht, dass die Themen des MdF einen sozialrelevanten Inhalt haben, auch weil möglichst viele Ausstellungen in einem so breiten Kontext wie dem MdF unter einen Hut passen müssen. Und dennoch ist es nicht allen Institutionen möglich, das Thema zu bedienen, weil sie zwei oder drei Jahre im Voraus planen, so wie wir. Dokumentarfotografie mit politischem Bezug und zeitgenössische künstlerische Fotografie schließen sich allerdings keineswegs aus.
Der Titel bezieht sich auch auf die Zukunft, auf Utopien. Wird das „andere“ Europa nur in den Vorstellungen der Fotografen ein reales? Und inwiefern hat der Beitritt Athens zu den Partnerstätten die Vorstellung eines „anderen“ Europas verändert?
Die Fotografie erlaubt eine Wirklichkeit aufzuzeigen, die sich jenseits unserer Wahrnehmung befindet, sei es weil wir geografisch entfernt sind oder sei es, weil wir trotz der Informationsflut über den Zugang zu bestimmten Vorkommnissen nicht verfügen. „Das andere Europa“ ist nicht nur das Europa jenseits unserer eigenen Grenze, sondern auch das vor unserer Haustür sowie das in unserer Vorstellung. Dass Athen nun eine weitere Partnerstadt des MdF geworden ist wirkt wie ein Hoffnungsfanal für die Realisierung der Utopie eines geeinten Europa. Denn wir sind immer noch weit entfernt von einer funktionierenden europäischen Einheit. Der Beitritt Athens ist ein weiterer Schritt in diese Richtung, umso mehr als Griechenland in wirtschaftlicher Hinsicht Zukunftsperspektiven benötig
In der Alfred Ehrhardt Stiftung zeigen Sie mit Michael Weselys Ausstellung „Another Pencil of Nature Part 2“ eine Ausstellung, die sich in die Tradition der Fotografiegeschichte stellt, jedoch Abbildhaftes größtenteils negiert. Wie passen ungegenständliche und eher auf das Künstlerische fokussierte Ausstellungen in den MdF und dessen Thema?
Sie passen gar nicht in das Thema des MdF. Aber das ist ja eben wie oben geschrieben das Problem in Bezug auf jene Institutionen, die längerfristig planen. Die Ausstellung mit Michael Wesely war schon seit über zwei Jahren geplant und das Thema des MdF ist erst seit Anfang dieses Jahres bekannt. Unsere nächste Ausstellung mit Jörn Vanhöfen hätte perfekt gepasst zum Thema. Es wäre wünschenswert, wenn auch der MdF etwas längerfristig planen könnte, was leider immer noch utopisch erscheint, weil die Finanzierung nicht gesichert ist. Hierin sind uns viele Partnerstädte voraus.
MICHAEL WESELY. ANOTHER PENCIL OF NATURE – PART 2
20. September bis 21. Dezember 2014
Als die Zeit noch auf sich warten ließ
Mittwoch, 22. Oktober 2014 um 19.00 Uhr
Michael Wesely im Gespräch mit William Henry Fox Talbot und Hubertus von Amelunxen
JÖRN VANHÖFEN – BEYOND EDEN
10. Januar bis 26. April 2015
Eröffnung: Freitag, 9. Januar 2015 um 19.00 Uhr
ALFRED EHRHARDT STIFTUNG
Auguststr. 75 | 10117 Berlin
Öffnungszeiten: Di bis So 11 – 18 Uhr, Do 11 – 21 Uhr