ANETA KAJZER – Winsor & Newton Stipendiatin im Künstlerhaus Bethanien im Interview

Erstmals schreibt die Künstlermarke Winsor & Newton zwei Residenzstipendien in Deutschland aus. Ausgewählte Professorinnen und Professoren der Malerei wurden gebeten, für zwei Plätze am Künstlerhaus Bethanien in Berlin künstlerische Positionen aus ihren Klassen zu empfehlen. Eine Jury unter dem Vorsitz von Sachin Kaeley (Künstler, Berlin) wählte Aneta Kajzer und Manuel Stehli als erste Stipendiaten aus. Beide Künstler erhalten 2017 für jeweils sechs Monate, ein Atelier, einen monatlichen Stipendienbetrag für den Lebensunterhalt, kuratorische sowie maltechnische Begleitung und eine gemeinsame Ausstellung im Künstlerhaus Bethanien im Frühjahr 2018.

Zur ersten Stipendiatin: Aneta Kajzer wurde 1989 in Kattowitz in Polen geboren und ist in Würzburg aufgewachsen. Nach ihrem Studium der Kunstgeschichte und der europäischen

Studio visit, Aneta Kajzer, Stipendiatin Winsor & Newton, Künstlerhaus Bethanien, 2017, Foto: ARTPRESS Ute Weingarten, Amelie Öfner.
Studio visit, Aneta Kajzer, Stipendiatin Winsor & Newton, Künstlerhaus Bethanien, 2017, Foto: ARTPRESS Ute Weingarten, Amelie Öfner.

Ethnologie in Würzburg, hat sie nun ihr Studium in der Klasse von Prof. Anne Berning an der Kunsthochschule Mainz abgeschlossen. Für das Stipendium vorgeschlagen wurde Aneta Kajzer von ihrer Professorin Shannon Bool. Neben eigenen ersten Beteiligungen an Gruppenausstellungen bspw.  in der Caos Art Gallery Venedig (2016) und der Soloshow MADE IN BALMORAL, »Made in Balmoral« Bad Ems (2016), betätigt sich Aneta Kajzer auch als Kuratorin: z.B. in organized orgasms, OrgaOrga collective Mainz (2016).

Die Jury überzeugten Ihre mutigen, intuitiven Setzungen und die entschiedene Komposition ihrer großflächigen Arbeiten.

 

Liebe Aneta Kajzer, Sie haben gerade Ihr Studium an der Kunsthochschule Mainz abgeschlossen. Was nehmen Sie mit aus Ihrer Studienzeit? Welchen Stellenwert hat die Malerei in Mainz?

Das ist gar nicht so einfach zu beantworten, ich nehme natürlich sehr vieles mit aus meiner Studienzeit. Hier habe ich meine künstlerische Position entwickelt und gelernt, diese eigenständig fortzuführen und zu reflektieren und selbstbewusst zu vertreten. Hier habe ich mit Mitstudent*innen einen OffSpace organisiert und viele Ausstellungen und Projekte realisiert. Meine Klasse hat spannende Exkursionen gemacht, z.B. nach New York, Istanbul und St. Petersburg, um nur ein paar zu nennen, und ich war an einigen Klassenausstellungen beteiligt, wie in der Spinnerei in Leipzig oder im Nassauischen Kunstverein in Wiesbaden. Dadurch hatte ich die Chance, sehr viel Kunst auch außerhalb der normalen Reichweite einer Student*in zu sehen und konnte auch in Richtung Professionalisierung im Ausstellungsbetrieb Erfahrungen sammeln. Insgesamt denke ich, dass ich mich in dieser Zeit einfach auch persönlich stark weiterentwickelt habe. In Mainz haben wir drei Malereiklassen, allein daran ist zu sehen, dass die Malerei ihren festen Platz an der Kunsthochschule hat. Mit der Besetzung von Shannon Bool als neue Malereiprofessorin konnte gerade wieder eine starke, junge Position für das Haus gewonnen werden, was mich sehr gefreut hat. Schön ist auch, die Möglichkeit des klassenübergreifenden Gesprächs mit den Professor*innen, wodurch ich die letzten zwei Semester auch immer wieder mit Shannon Bool meine Arbeiten besprechen konnte und in der Klasse von Vertretungsprofessor John Skoog mit dabei war, der beim Rundgang in die Ausstellung der Filmklasse die Arbeiten Studierender verschiedenster Klassen und auch meine Malerei integriert hat. Ich denke, das zeigt auch, dass in Mainz allgemein eine Offenheit gegenüber den Medien besteht und eine Malereiklasse trotz eines starken Diskurses eben keine reine Malereiklasse sein muss. Wir hatten auch Studierende in der Klasse, die mit Objekten, Videos oder Performance gearbeitet haben. Auch ich habe nicht von Anfang an ausschließlich gezeichnet und gemalt, sondern mit verschiedenen Medien experimentiert. Ich denke, dass war sehr fruchtbar für mich.

Studio visit, Aneta Kajzer, Stipendiatin Winsor & Newton, Künstlerhaus Bethanien, 2017, Foto: ARTPRESS Ute Weingarten, Amelie Öfner.   Studio visit, Aneta Kajzer, Stipendiatin Winsor & Newton, Künstlerhaus Bethanien, 2017, Foto: ARTPRESS Ute Weingarten, Amelie Öfner.   Studio visit, Aneta Kajzer, Stipendiatin Winsor & Newton, Künstlerhaus Bethanien, 2017, Foto: ARTPRESS Ute Weingarten, Amelie Öfner.   

Sie sind die erste Stipendiatin von Winsor & Newton in Deutschland und haben dieses wunderbare Studio im Künstlerhaus Bethanien und eine große Auswahl an Farben und Malutensilien zur Verfügung gestellt bekommen. Können Sie schon sagen, wie sich diese Parameter auf ihre Arbeit auswirken?

Zunächst habe ich direkt die Erfahrung gemacht, dass man sich in seinem ganz eigenen Atelier viel freier bewegen kann. Man nimmt sich den Raum, den man braucht und kann jederzeit wieder an die Arbeit anknüpfen, alles bleibt so stehen und liegen, wie man es verlassen hat; was einen deutlichen Unterschied zu einem Gemeinschaftsatelier macht, wie ich es vorher an der Hochschule hatte, wo man seinen Platz durchaus auch mal verteidigen muss. Anderseits ist man allein mit sich selbst hier und hat zunächst auch nur sich selbst zum Überprüfen der eigenen Arbeit, was ich aber auch als konzentrierte Auseinandersetzung erlebe. Für Gespräche kann man sich dafür gezielt Menschen einladen und es finden auch öfter Studiovisits hier in Bethanien statt.

Die Vielzahl an Farben und Pinseln ermöglicht es mir, vollkommen frei zu agieren, ich muss mir keine Gedanken machen zu viel Farbe zu „verschwenden“, ich kann einfach loslegen und im Prozess sein. Sonst ist man ja doch manchmal gehemmt, einfach einen riesigen Topf Farbe auf die Leinwand zu schütten, weil man weiß, was man da investiert hat. Allerdings darf man sich so oder so nicht zu sehr von solchen Gedanken einschränken lassen, ich habe auch vorher sehr große Formate gemalt und mache das jetzt weiterhin. Natürlich ist das Materialangebot aber erstmal „Painters Paradise“ und allein das Auspacken der Farben hat mir schon wahnsinnig Lust aufs Malen und Ausprobieren gemacht.

Studio visit, Aneta Kajzer, Stipendiatin Winsor & Newton, Künstlerhaus Bethanien, 2017, Foto: ARTPRESS Ute Weingarten, Amelie Öfner.
Studio visit, Aneta Kajzer, Stipendiatin Winsor & Newton, Künstlerhaus Bethanien, 2017, Foto: ARTPRESS Ute Weingarten, Amelie Öfner.

Empfinden Sie auch den Umzug von Mainz nach Berlin als inspirierenden Schritt? Was hat Berlin bisher in Ihnen bewirkt?

Natürlich bin ich schon vorher oft in Berlin gewesen, um mir aktuelle Ausstellungen in Museen und Galerien anzusehen und Freunde zu besuchen. Jetzt ist es aber schon etwas anderes, dauerhaft hier zu sein. Man erlebt das Hier-leben ganz anders als das Zu-Besuch-Sein und lernt auch die Kunstszene ganz anders kennen. Ich war in den ersten vier Wochen hier gefühlt schon auf hundert Ausstellungseröffnungen und das ist natürlich allein quantitativ ein Unterschied zu Mainz und Frankfurt, wo ich die letzten Jahre unterwegs war. Natürlich gibt es in der Rhein-Main Region auch viele gute Ausstellungshäuser, aber besonders die Offspace-Szene und auch die Galeriendichte ist hier in Berlin einfach viel viel größer. Es macht Spaß, so viel Neues zu sehen und kennenzulernen. Es gibt einfach ein riesiges und vielfältiges Angebot. Neu war für mich, wirklich an manchen Abenden zwischen mehreren Events entscheiden zu müssen, das VBB-Monatsticket hat sich hier jedenfalls schon für mich gelohnt.

Haben Sie sich Ziele für die Zeit des Stipendiums vorgenommen?

Meine vorrangiges Ziel ist, wie eigentlich immer, mit meiner Malerei voran zu kommen. Man ist ja ständig im Prozess und nie irgendwo angekommen, was man auch manchmal auszuhalten lernen muss. Ich will also meine künstlerische Praxis weiterentwickeln, es stellen sich mir immer neue Fragen und ich suche stetig nach Antworten beim Machen meiner Bilder. Die Materialausstattung des Stipendiums erleichtert dabei die Freiheit dieses Entwicklungsprozesses, was ich sehr genieße und nutzen möchte. Neben der künstlerischen Arbeit will ich natürlich versuchen, hier Anschluss an die Szene zu finden, weil ich mir gerade sehr gut vorstellen kann, auch über die Zeit meines Stipendiums hinaus in Berlin zu bleiben.

Studio visit, Aneta Kajzer, Stipendiatin Winsor & Newton, Künstlerhaus Bethanien, 2017, Foto: ARTPRESS Ute Weingarten, Amelie Öfner.
Studio visit, Aneta Kajzer, Stipendiatin Winsor & Newton, Künstlerhaus Bethanien, 2017, Foto: ARTPRESS Ute Weingarten, Amelie Öfner.

Kleiner Fragebogen zum Kennen lernen:

Lieblingsessen?     Zu viele zum Aufzählen! Hier gerne vietnamesisch leicht, zu Hause gerne Rouladen mit Klößen und Rotkohl von Papa.

Lieblingsort?     Im Atelier bei Sonnenschein

Vorbild/Inspiration?     Freund*innen, Künstler*innen, Schriftsteller*innen… Es gibt so viele! Allgemein starke Frauen um mich herum und durch die Jahrhunderte hinweg.

Größter Traum?     Einzelausstellung in einem renommierten, internationalen Museum.

 

 

Vielen Dank Aneta Kajzer für den besonderen Besuch im Atelier und das offene Gespräch.

 

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