Welche Bedeutung besitzen Flüsse im Allgemeinen und der Rhein im Besonderen für Sie persönlich? Sind Flusslandschaften Sehnsuchtsorte für Sie?
Landschaften an sich sind Sehnsuchtsorte für mich. Flüsse sind Öffnungen, Kraftfelder, Bewegung, Leben, Hoffnung. Der Oberrhein, mit seinen Altarmen und Auen ist besonders. Der Rhein ist mythologisch, geschichtlich und kulturell tief in die deutsche Geschichte eingegraben. Das hat natürlich auch seine Auswirkungen auf mich und meine Arbeit.
Sie sprechen vom Fluss als einem Naturraum, der besonders stark von permanenten und sehr intensiven Veränderungen geprägt ist. Sie verbringen meist mehrere Monate in den Gebieten in denen Sie fotografieren. Ist diese Zeit nötig um diese Veränderungen einzufangen?
Mit dem Rhein habe ich mich über einen Zeitraum von drei Jahren beschäftigt. Zeit ist nötig um die landschaftliche Topografie zu erfassen, den Ort in seiner Ganzheit zu verstehen. Nur so kann man ein klares Verständnis der Verortung zu bekommen, wie zu wissen, wo sich welche Vegetation, landschaftliche Besonderheit, oder Unruhe im Flussbett befindet. Auch zu wissen, wie sie sich bei welchem Wetter, Jahres- und Tageszeiten verändert. Eine Besonderheit bei diesem Projekt war die permamanente Pegelveränderung des Flusses; manchmal verändert sich dadurch die Landschaft in nur wenigen Stunden drastisch.
Wenn ein tiefes Wissen und die intuitive Vertrautheit verankert ist, kommt die Zeit des Warten, der Geduld. Es gab Phasen in denen ich wochenlang jeden Morgen im Dunkeln am selben Ort auf das kommende Licht, bzw auf einen besonderen Augenblick gewartet habe. Zeigt sich dieser dann tatsächlich, gilt es schnell und präzise zu reagieren. Denn diese Besonderheiten sind flüchtig und kurz. Ein tiefes Verständnis ist dann von grosser Hilfe. Anders gesagt: Es ist der Tanz der Natur den man zu lesen lernt und dem man sich anpasst.
Ihre Bilder der Fluss-Reihe wirken auf den ersten Blick recht düster und melancholisch – bezwecken Sie damit dem Betrachter ein bestimmtes Gefühl zu vermitteln oder ist in den Fotografien vielleicht sogar eine Warnung (für mehr Umweltbewusstsein) versteckt?
Ich suche diese Stimmungen, diese Momente der Stille. Sie entsprechen mir und meine künstlerischen Arbeit. Es ist etwas Besonderes zu diesen Zeiten und Wetter alleine draussen zu sein, in Situationen einzutauchen.
Michael Lange – Fluss
2. Mai bis 28. Juni 2015
Eröffnung:
Freitag, 1. Mai 2015 um 19.00 Uhr in Anwesenheit des Künstlers
Eröffnungsrede: Dr. Christiane Stahl, Leiterin Alfred Ehrhardt Stiftung
Begleitende Veranstaltung:
31. Mai 2015, 14.00 Uhr: Künstlergespräch – Dr. Christiane Stahl spricht mit Michael Lange
17. Juni 2015, 19.00 Uhr: In der Reihe »Literaturhaus der Fotografie«: Wolfgang Denkel: Vom Fließen und Bleiben. Texte und Gedanken zur Fotografie von Michael Lange. Moderation: Thomas Böhm (radioeins)
Wir bitten jeweils um Voranmeldung per e-Mail: info@alfred-ehrhardt-stiftung.de
ALFRED EHRHARDT STIFTUNG | Auguststr. 75 | 10117 Berlin | +49 (0)30 200953-33, Fax -34 | Öffnungszeiten: Di bis So 11 – 18 Uhr, Do 11 – 21 Uhr | info@alfred-ehrhardt-stiftung.de | www.alfred-ehrhardt-stiftung.de