Lothar Wolleh gilt als Chronist der Düsseldorfer Kunstszene der 1960er- und 1970er-Jahre. Mehr als 100 Maler, Bildhauer und Aktionskünstler aus dem Rheinland und später auch aus Europa setzte Wolleh in Szene, bis das Vorhaben 1979 mit seinem plötzlichen und frühen Tod abrupt endete. Entstanden waren bis dahin Aufnahmen von Georg Baselitz, Joseph Beuys, Lucio Fontana, René Magritte, Henry Moore, Man Ray und vielen weiteren.
Im Rahmen des Duesseldorf Photo Weekend 2017 präsentiert die Galerie Ruth Leuchter vom 3. Februar bis zum 18. März 2017 Portraits international bekannter Künstler von Lothar Wolleh (1930–1979). Erstmals seit 1980 sind damit wieder Arbeiten des Fotografen in Düsseldorf zu sehen. Gezeigt werden 50 Bilder aus dem Werk Lothar Wollehs. Highlights sind u. a. ein Block mit 16 Arbeiten über die kaum dokumentierte Beuys Aktion „Filz-TV“ und einige selten gezeigte Porträts von Man Ray und René Magritte, die kurz vor dessen Tod entstanden. Kuratiert wird die Ausstellung von Dr. Oliver Wolleh, dem Sohn und Nachlassverwalter des Fotografen, in Zusammenarbeit mit Ruth Leuchter. Wir haben Dr. Oliver Wolleh dazu einige Fragen gestellt:
Lieber Dr. Oliver Wolleh, die besonderen Künstlerporträts Ihres Vaters werden nun seit 1980 erstmalig wieder in diesem Umfang dem Publikum in Düsseldorf präsentiert. Woran liegt es, dass Sie diese Werke so lange nicht in NRW gezeigt haben?
Diese Frage stelle ich mir auch. Die Antwort ist vielleicht ganz banal. Mein Lebensmittelpunkt ist seit nunmehr 23 Jahren Berlin und als ich anfing mich systematisch mit dem Werk meines Vaters zu befassen haben sich andere Gelegenheiten für Ausstellungen ergeben, wie in der Kunsthalle Bremen, dem Kunstmuseum Ahlen oder dem Hamburger Bahnhof hier in Berlin. Die Vorbereitungen zu dieser Ausstellung haben mir aber noch einmal deutlich gemacht, dass Düsseldorf und NRW ein besonderer Ort für das Werk Lothar Wollehs ist.
Welches Ziel verfolgen Sie mit der Aufarbeitung von Lothar Wollehs Werk und dieser Ausstellung?
Mein Vater war ein einzigartiger Fotograf, der ein wunderbares Werk hinterlassen hat. All das hat aber nicht verhindert, dass nach seinem Tod dieses Werk fast ganz in Vergessenheit geraten ist. Letztlich ist sein Werk nicht einfach zugänglich. Mehrere seiner Fotobücher sind zu Lebzeiten nicht veröffentlicht worden oder blieben durch seinen frühen Tod unvollendet. Es gilt daher das zu zeigen was im Dunkeln liegt bzw. jene Arbeiten einem breiten Publikum zu zeigen, die bei ihrer Entstehung nur einem kleinem Zirkel von Menschen zugänglich waren.
Haben Sie noch Erinnerungen daran, wie Sie als Kind die Arbeit Ihres Vaters betrachtet haben. Durften Sie Ihren Vater auch ab und zu bei der Arbeit begleiten?
Ich habe viele Erinnerungen daran wie mein Vater gearbeitet hat. Das Fotostudie und das Labor waren an unserer Wohnung angebunden und so konnte ich als Kind ohne Mühen an diesem Teil des Lebens teilhaben. Allerdings hat mein Vater das Studio nur bis Ende der 60er Jahre genutzt, weil er immer mehr mit den Künstlern außer Haus gearbeitet hat. Die „klassische Periode“ des Werbefotografen, der noch ein Fotostudio unterhielt war vorbei. Ich habe meinen Vater jedoch öfters auf seinen Reisen zu Künstlern begleitet so z.B. zu Jan Schoonhoven in Utrecht. Der faszinierendste Ort war jedoch für mich als Kind die Dunkelkammer. Dort wurde das (analoge) Bild schließlich erst zum sichtbaren Positiv und da mein Vater seine Prints selber anfertigte habe ich viele seiner Arbeiten kennengelernt und wurde intuitiv mit seiner Bildsprache vertraut. Das alles hilft mir heute ungemein, da alle neuen Abzügen als analoge Prints hergestellt werden. Wir bleiben bei den fototechnischen Prozessen, die Lothar Wolleh noch angewendet hat.
Können Sie die Herangehensweise Ihres Vaters in der Auseinandersetzung mit den porträtierten Künstlern beschreiben? Was war ihm besonders wichtig dabei?
Das Verhältnis meines Vaters mit den Künstlern konnte sehr vielschichtig und tief sein. Mein Vater hat Künstlern unendliche Bewunderung gezollt. Er war ein Freund, Sammler, Mäzen, hat sie promotet und andere zum Sammeln von Kunst bewegt. Diese Leidenschaft für die Kunst ist ein starkes Bindeglied zwischen ihm und den Künstlern.
Lothar Wolleh muss über eine große Intuition verfügt haben, die jener der Künstler gleichkam und durch die er nicht mehr als ein externer Fotograf auftrat. Er hat wunderbare Kunst-Fotobücher geschaffen, die in ihrer Machart ihrer Zeit sehr weit voraus waren. Wenn man die Biografien der Künstler kennt, kann man in seinen Bildern sehen, dass beispielsweise besondere Ort aufgesucht werden, die eine versteckte Bedeutung für den Künstler haben. Es zeigt wie intensiv, wenn nicht gar intim der Austausch war. Das gilt natürlich nicht für alle Künstler. Ich glaube, meinem Vater war es wichtig etwas vom Geist des Künstlers, seiner Aura einzufangen und gleichzeitig seine eigene Bild-Ästhetik zum Ausdruck zu bringen. Er hat eine charakteristische Bildsprache und wird gleichzeitig den Portraitierten gerecht auch wenn er diesen genau sagt wo sie stehen sollen.
Vielen Dank für das Interview Herr Dr. Wolleh.