Glaube, Sünde, Paradies – Begriffe aus dem Alten Testament, die auch in aufgeklärten Zeiten unsere Lebenswelt weiter bestimmen. Ihnen widmet sich auch die Berliner Künstlerin Katrin Kampmann in den farbenfrohen Bildern ihrer aktuellen Serie „Exit Paradise“. Auf großen Leinwänden und kleinformatigen Papierbögen nimmt sie eine optimistische Sichtweise ein und tut mit Ihren Arbeiten auch noch Gutes. Maritta von ARTPRESS traf die ehemalige UdK-Meisterschülerin und befragte sie zu ihrer Kunst; Religion und ihrer Benefizaktion.
Der Titel Deiner letzten Ausstellung lautet „Exit Paradise“, worum geht es in dieser Ausstellung?
Ich musste an Notausgänge denken, als ich den Titel für die Ausstellung gesucht habe. Sich selbst in die Luft zu sprengen, für ein Versprechen – Wirklich? Es fällt mir sehr schwer nachzuvollziehen, wie es möglich sein kann, dass eine fanatische Gemeinschaft, wie der sogenannte ‚Islamische Staat’ in unserem Zeitalter existieren kann. Dass Religion von unterschiedlichen Herrschern instrumentalisiert wurde um Macht zu erhalten, kennen wir auch aus unserer eigenen Geschichte. Bei EXIT PARADISE habe ich mich deshalb mit Bildinhalten beschäftigt, die uns durch unsere christliche Vergangenheit begleiten. Eine Leinwand trägt zum Beispiel den Titel “Sündenfall in 10, 9, 8…” und vermittelt durch den Countdown zum Sündenfall, dass Eva sich auf ein Abenteuer einlässt, dessen Herausforderungen sie nicht scheut, und dessen Ausgang ungewiss ist. Ich fand, dass es an der Zeit ist ein paar Bilder umzudeuten. Der Sündenfall als Befreiung und Wendepunk.
Was interessiert Dich an der Auseinandersetzung mit dem Thema Religion? Welche Rolle spielt sie in Deinem Leben?
Die Darstellung von Bibelszenen nimmt einen großen Platz in der Kunstgeschichte ein. Die Kirche war lange Auftraggeber für viele Künstler, die wir noch heute verehren. Ich habe eine Faible für frühmittelalterliche Bilder. Sie haben herrlich naive Momente, überraschen manchmal mit total abstrakten Bildelementen, und sind maltechnisch nicht so glatt und organisiert, wie die Bilder, die sich zeitlich dem Barock nähern.
Es war spannend an einer bildlichen Gegenüberstellung zu arbeiten. Auf der Papierarbeit „Paradiesreigen“ sind Figuren beim Tanz und Müßiggang zu sehen. „Paradies Pauschal“ zeigt zwei Liegestühle unter einem Sonnenschirm. Die Zeiten, in denen ein enthaltsames, arbeitsames Leben den Einzug ins Himmelreich sichern sollte, sind jedoch vorbei. Wir suchen unser persönliches Paradies im Diesseits.
Persönlich würde ich mich als Agnostikerin einordnen.
Erzähl uns von der Benefizaktion, die Du in Zusammenhang mit der Ausstellung planst!
Die Idee zu der Benefizaktion kam mir beim Zugfahren in den Sinn. Es gab eine Gruppe von Flüchtlingen, die zwei Stunden vor Berlin erst herausgefunden hat, dass sie im falschen Zug sitzt. Eigentlich wollten sie nach Paris. Das hat mir gezeigt wie wichtig Sprache ist, um sich in einer Gesellschaft orientieren, und dadurch letztlich auch integrieren zu können. Da habe ich mich natürlich gefragt, was ich persönlich tun könnte, um den Menschen zu helfen, die Momentan in unser Land fliehen.
Passend zu dem Thema der Ausstellung, die sich mit religiösen Weltbildern und der Aufklärung befasst, will ich mit dem Verkauf der Sonderkataloge Sprachunterricht für Flüchtlinge finanzieren. Ich habe drei Wochen lang an den Holzdrucken gearbeitet, die im Sonderkatalog beiliegen. Alle Bilder sind mit Aquarellfarbe untermalt und mit zwei Druckstöcken gedruckt. Deshalb ist jeder Druck einzigartig.
In Wiesbaden wurden bei der Eröffnung von Exit Paradise in der Galerie Cornelissen auch bereits die ersten Sonderkataloge verkauft. Nun gibt es auch die Gelegenheit das Projekt in Berlin zu unterstützen. Am 17. Dezember (ab 19 Uhr) findet ein Event in der ‚Fête De La Boutique’ in Mitte statt. Der Reinerlös der Verkäufe geht an die AG Deutschunterricht von ‘Moabit hilft!‘, die innerhalb von 6 Monaten ihre Teilnehmer*innen zur Prüfung der Einstufungen A1 bzw. A2 (gemäß GER) bringen wollen.
Der Druck, der dem Sonderkatalog beiliegt zeigt die Schlange Kaa, die man vielleicht eher mit Disney als der Bibel in Verbindung bring. Warum hast Du dieses Motiv ausgewählt?
Die Schlange tritt in meinem Bilderkosmos als Botschafterin der Aufklärung auf. Sie ist nicht die böse Verführerin, sondern ermutigt die Früchte vom Baum der Erkenntnis zu kosten. Umschlossen von einer Mauer bietet der Garten Eden zwar Schutz, aber dieser Schutz wird eben mit dem Verzicht auf Erkenntnis erkauft. Die Idee jedem Käufer, der das Kunstprojekt unterstützt, eine kleine Botschafterin mit nach Hause zu geben, stand deshalb ziemlich schnell fest. ‚Kaa’ habe ich dann als Motiv ausgesucht, da es eine Schlange ist, die mich an meine Kindheit erinnert und zum Lachen bringt. Ich hoffe, dass es vielen anderen auch so geht und wir dadurch möglichst gut und umfassend helfen können.
Interview: Maritta Seitz