2015 ist das internationale Jahr des Lichts. Am 22. Januar 2015 wird im Haus der Berliner Festspiele erstmals der International Light Art Award (ILAA) verliehen – wer von den drei Finalisten den Preis verhält ist noch geheim, wir können Euch aber jetzt schon verraten, dass die RaumZeitPiraten die künstlerische Gestaltung des Abends übernehmen. Mit dem Preis soll ein aktiver Dialog über die Zukunft der Lichtkunst angestoßen werden. Und was wäre eine Preisverleihung zum Thema Lichtkunst ohne Lichtkunst? Wir sprachen mit den RaumZeitPiraten Tobias Daemgen, Jan Ehlen und Moritz Ellerich die, mit Unterstützung von Prof. Mischa Kuball (Kunsthochschule für Medien Köln), die Besucher der Preisverleihung auf LichtParasiten treffen lassen und auf der Bühne eine Lichtskulptur errichten.
Was sind die RaumZeitPiraten?
Wir sind RaumZeitPiraten, wir haben 2007 begonnen als Kunstkollektiv zu arbeiten um den Spiralen egozentrischer Selbststimulation zu entgehen. Neben dem, zur Namensgebung inspirierenden, Konzept der Raumzeit von Albert Einstein bilden Raum und Zeit bestimmende Elemente des Wahrnehmens und Gestaltens. Als Piraten haben wir die Möglichkeit eigensinnig mit diesen Parametern zu verfahren, vorbei an industriellen und kommerziellen Interessen, hin zu selbstbestimmteren Organisationsformen.
Was unterscheidet Lichtkunst von anderen Kunstgattungen? Warum begeistert ihr Euch gerade dafür?
Durch unsere installativen und performativen Aktivitäten im Feld der experimentellen, audiovisuellen Kunst und der Erfindung von optoakustischen Instrumenten und Maschinen interessieren wir uns sehr für das Medium Licht. Licht lässt uns sehen. Aktuelle Technologien und Prozesse ermöglichen eine ungeahnte Flexibilität und Mobilität und erlauben einen neuen Umgang mit Raum und Zeit. Ähnlich wie das Licht alle Bereiche des Lebens durchdringt, ragt es durch alle Kunstgattungen und Zeiten hindurch und verweist möglicherweise auf gattungslosere, ausuferndere Konstrukte.
Licht fasziniert Künstler bereits seit Jahrhunderten. Was macht die neue Generation der Lichtkünstler aus?
Die neuen Generationen macht, durch die Jahrzehnte der medialen Massage, hoffentlich eine möglichst grosse Beweglichkeit im Denken, Handeln und Kommunizieren aus, gekoppelt mit immer weiter wachsenden Fähigkeiten zu multiperspektivischer Wahrnehmung, Anschauung und Vermittlung. Wir bewegen uns mehr und mehr ins Jetzt, was das für Vergangenheit und Zukunft bedeutet muss sich noch zeigen. Kunst kann hier wahrscheinlich sinnvolle Fragen stellen und neue Möglichkeitsräume öffnen.
Was assoziiert ihr mit dem Begriff Licht?
Erfahrungsräume, Erkenntniswerkzeuge, Beziehungsgeflechte, Welle-Teilchen-Dualismen, Energieströme, Wärmeaustausch, Sonnen, Transformationen, Photosynthese, Wachstum, Metamorphose, Biolumineszens, Vampyrotheutis Infernalis, Kommunikation, Rhizome bilden …
“Vampyrotheutis Infernalis” – wasn ditte? Das haben wir uns auch gefragt und Google befragt: es handelt sich um einen Vampirtintenfisch, dessen Körper von zahlreichen Leuchtorganen besetzt ist, die mittels Biolumineszenz Licht erzeugen.
Für alle die lieber lesen gibt es – als Tipp von den RaumZeitPiraten – ein fabelhaftes Essay über den höllischen Vampirtintenfisch:
“Vampyroteuthis infernalis: Eine Abhandlung samt Befund des Institut Scientifique de Recherche Paranaturaliste “
von Vilém Flusser und Louis Bec
Ihr gestaltet das Lichtprogramm auf der Preisverleihung des INTERNATIONAL LIGHT ART AWARD was erwartet uns?
Für den International Light Art Award werden wir LichtParasiten im Haus der Berliner Festspiele installieren. Diese ortsspezifischen, optischen Apparaturen machen sich die vorhandenen Lichtressourcen des Veranstaltungsortes zu Nutze und funktionieren sie zu Projektionsgeräten um. Die im diffusen Lichtkegel der Theaterscheinwerfer verborgenen Bildinformationen, wie Glühdrähte, Reflektoren, Filter und Gehäuseteile werden über ein organisch improvisiertes Konglomerat aus Labormaterial, Metallstangen und Vergrösserungsgläsern wieder sichtbar gemacht. Der Scheinwerfer und sein Licht werden aus ihrer Dienstleisterfunktion enthoben und selbst zum Reflektionsgegenstand.
Neben diesen Interventionen in den Fluren des Gebäudes wird es eine weitere Arbeit auf der Bühne des Festspielhauses geben. Dort werden wir mit den unterschiedlichsten Lichtquellen des Theaterfundus und der grossartigen Unterstützung der Haustechniker eine Lichtskulptur errichten, die die Idee und Formensprache der LichtParasiten aufgreift und transformiert und die sonst verborgene Lichttechnik in die Aufmerksamkeit verschiebt.
Vielen Dank für das Interview.
Interview by Barbara Green
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Für alle, die sich gerne die Arbeiten der
RaumZeitPiratender ansehen möchten und die Diskussion + Preisverleihung spannend finden hier die genauen Daten des Events:
Diskussion und Preisverleihung zum
INTERNATIONAL LIGHT ART AWARD 2015 (ILAA)
am 22. Januar 2015 im Haus der Berliner Festspiele
Eintritt frei
Diskussionsrunde: The Future of Light Art
Kassenhalle | Einlass 17.30 Uhr | Beginn 18.00 Uhr
Podiumsteilnehmer
+Prof. Mischa Kuball, Lichtkünstler und Dozent für Holografie und Lichtkunst
+Dr. Gregor Jansen, Kurator, Kunstkritiker, Leiter der Kunsthalle Düsseldorf und Herausgeber des Buchs „Lichtkunst aus Kunstlicht“
+Prof. Dr. Karin Zachmann, Leiterin des Fachgebiets für Geschichte der Technik an der TU München mit Fokus auf Energie und Gesellschaft
+Prof. Dr. Oliver Benson, Experimentalphysiker an der HU Berlin mit Schwerpunkt auf Licht und Materie
Festakt ILAA 2015 und Preisverleihung
Großer Saal | Ab 19.00 Uhr
öffentliche Veranstaltung mit begrenztem Platzkontingent
Festrede
Prof. Dr. Peter Sloterdijk, Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe
„Licht-Beweise – Philosophische Notizen zum Lob der Sichtbarkeit“
Berliner Festspiele
Schaperstraße 24
10719 Berlin